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Prozess gegen Gil Ofarim im Ticker: Jeannette Biedermann als Zeugin vor Gericht - Brisant

Vorschau 6. Prozesstag | Aussage von Jeannette Biedermann erwartet

Der Prozess um Gil Ofarim geht am 28. November in die nächste Runde. Wie nun bekannt wurde, ist am sechsten Prozesstag Jeanette Biedermann als Zeugin geladen. Die Sängerin und Schauspielerin soll zusammen mit ihrem Ehemann am Dienstagmorgen vor dem Landgericht Leipzig aussagen.

Nach Angaben eines Gerichtssprechers war Jeanette Biedermann zwar nicht an besagtem Abend in dem Hotel, soll aber nur kurze Zeit später Kontakt mit dem jüdischen Musiker gehabt haben.

5. Prozesstag 16.11.23 | Forensiker wertet die Überwachungsvideos weiter aus

Für den fünften Prozesstag sind drei Abschnitte geplant: Zum einen werden die Aussagen der Mitarbeiter eines anderen Hotel verlesen, in das Gil Ofarim nach dem vermeintlichen Eklat zog. Dazu werden vormittags weitere Augenzeugeugen auftreten. Am Nachmittag soll dann die Aussage von Forensiker Dirk Labudde fortgesetzt werden.

In der weiteren Auswertung der Überwachungsvideos geht es dann auch um das Verhalten der Beteiligten in der Hotellobby. Tonaufnahmen von dem Vorfall gibt es nicht. Gil Ofarim hat sich vor Gericht bisher nicht geäußert. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung.

Ex-Managerin beschreibt Gil Ofarim als sehr höflichen Menschen

Als erste Zeugin des Tages sagt die ehemalige Managerin von Gil Ofarim aus. Sie hatte das Management für den Sänger 2013 übernommen und Mitte 2022 gekündigt. Sie beschreibt ihn als sehr höflichen Menschen. Er sei nicht der Typ für Starallüren gewesen, sei stets freundlich und habe Türen aufgehalten, "der Typ alte Schule halt", erzählt die 45-Jährige.

Anders als bei vielen anderen Künstlern sei die Auftragslage bei Gil Ofarim auch in der Coronazeit und vor dem Vorfall sehr gut gewesen. "Wir haben viele TV-Shows gemacht, der Kalender war voll, wir waren fleißig", betont seine damalige Managerin. Zudem habe seine wenige Monate zuvor veröffentlichte Autobiografie auf der Bestsellerliste gestanden. Nach dem Vorfall sei die Auftragslage dann "so gut wie auf Null" gegangen".

Gil Ofarim habe sie damals nach dem angeblichen Vorfall aus dem Hotel angerufen und geschildert, dass er antisemitisch beleidigt worden sei und nicht einchecken könne. Sie habe ihm noch geraten, die Situation nicht in die Öffentlichkeit zu tragen, "es besser intern zu klären".

"Was Künstler aber dann tun, müssen sie selbst entscheiden." Sie habe aber keine Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Angaben am Telefon gehabt. Die Zeugin ergänzt: "Wenn dich jemand so aufgewühlt anruft, hinterfragst du das nicht. Ich hab ihn natürlich gefragt, ob das alles stimmt - er hat es immer wieder bejaht."

TV-Producerin: Gil Ofarim trug den ganzen Tag die Davidstern-Kette

Die nächste Zeugin wird aufgerufen, eine TV-Producerin. Sie hatte am Tag der Aufzeichnung mit Gil Ofarim zu tun. Sie habe abends einen Anruf von seiner Managerin erhalten, dass Gil Ofarim Probleme beim Check-In habe. Später erreichte sie den Künstler dann selber und er erzählte ihr, was passiert sei:

"Er habe gewartet, dann gefragt, warum Gäste vorgezogen wurden und sei dann beleidigt worden, weil jemand sagte, er solle seinen Stern einpacken. Er wollte, dass wir ihn umbuchen, weil er dort nicht übernachten wollte. Das habe ich in die Wege geleitet. Mit dem was danach passiert ist, hatte ich nichts mehr zu tun, hatte keinen Kontakt mehr mit Herrn Ofarim oder dem Hotel."

Sie widerspricht sich in einigen Details mit ihrer damaligen Aussage, begründet es aber damit, dass der Vorfall schon so lange her sei und sie damals sehr unter Zeitdruck stand.

Ein Verteidiger fragt, ob sie wisse, was er anhatte, als er gegangen ist. "Im Prinzip dasselbe, was er bei der Aufzeichnung anhatte." "Auch die Kette mit dem Davidstern?", hakt der Verteidiger nach. "Ja, auch die. Die hatte er den ganzen Tag an." Das hatte sie auch der Polizei damals gesagt.

Gutachter: Keine Hinweise auf antisemitische Rufe im Hotel

Seit dem Mittag wird der Forensiker Dirk Labudde weiter zu den Hotelvideos befragt. Es geht unter anderem um die Frage, ob eine männliche Person identifizierbar sei, die hinter Gil Ofarim "Pack deinen Stern ein!" rief.

Der Gutachter widerspricht den Darstellungen des Musikers, denn laut seinen Untersuchungen gäbe es auf den Videos keine Hinweise auf eine Kommunikation zwischen Gil Ofarim und einer Person in der Schlange der Lobby hinter ihm.

Gänzlich auszuschließen sei dies zwar nicht, weil alle Personen mit dem Rücken zur Kamera standen, aber es habe auch keine Geste gegeben, die eine Kommunikation vermuten ließe.

Der Digitalforensiker hatte in einem umfangreichen Verfahren sieben Videos der Überwachungskameras ausgewertet und ein 150-seitiges Gutachten erstellt. Tonaufnahmen von dem Vorfall gibt es nicht. Die Verteidigung zweifelt nach wie vor, dass die Aufnahmen nicht nachträglich manipuliert worden sein könnten.

Dirk Labudde wird für den 6.12. wieder geladen, da noch längst nicht alle Fragen geklärt sind. Der Prozess wird am 28.11. fortgesetzt.

4. Prozesstag 15.11.23 | Video aus der Hotellobby wird analysiert

Der vierte Prozesstag könnte ein sehr wichtiger werden: Es soll das Überwachungsvideo vom Abend des 4. Oktober 2021 aus der Hotellobby gezeigt werden. Der Gerichtssaal ist wohl deshalb auch wieder mit mehr Zuschauern gefüllt. Es gibt ein Gutachten des Digital-Forensikers Dirk Labudde. Der Sachverständige hatte die Aufnahmen der Hotelkameras aus der Lobby ausgewertet. Ton wurde nicht aufgezeichnet. Außerdem sollen weitere Zeugen gehört werden, da es am Vortag zu zeitlichem Verzug kam.

Techniker: Hotelvideos wurden nicht manipuliert

Im Zeugenstand sitzt ein Techniker. Das Überwachungsvideo wird angeschaut. Zu sehen sind verschiedene Aufnahmen von unterschiedlichen Zeiten des besagten Abends. Der Techniker schließt Manipulationen an den Videos aus. Er habe nach Anweisung der Polizei wenige Tage nach dem Vorfall in dem Leipziger Hotel die Originaldaten aus dem System übernommen. "Eine Manipulation ist nicht denkbar", betonte der 51-Jährige.

Neben ihm als Administrator hätten auch bestimmte Hotelangestellte Zugang zu dem Serverraum mit den Videoaufnahmen, erläuterte der Techniker. Er hatte als selbstständiger Unternehmer die Anlage vor etwa 15 Jahren in dem Hotel installiert.

Die Verteidigung kritisierte, dass diese Aufnahmen bereits vor den polizeilichen Ermittlungen bei den hotelinternen Untersuchungen Zeugen gezeigt worden waren. Wie und wann dies geschehen sein könnte, konnte der Sicherheitstechniker auf Nachfrage aber nicht sagen. Am Nachmittag sollte das forensische Gutachten zu den Videoaufnahmen folgen. Das Gericht erhofft sich dadurch genaue Angaben zum Ablauf und unter anderem zur Kleidung des Angeklagten.

Forensiker kann nicht zweifelsfrei sagen, ob Gil Ofarim einen Davidstern trug

Nachdem am Vormittag das Video aus dem Hotel in verschiedenen Sequenzen angeschaut und von der Verteidigung penibel seziert wird, spricht zunächst die Fahrerin, die Gil Ofarim ins Hotel gefahren hat.

Erst nach ihr betritt der mit Spannung erwartete Forensiker Dirk Labudde den Zeugenstand. Er habe neun Tage nach dem Vorfall den Auftrag erhalten ein Gutachten zu erstellen.

Vor Gericht werden drei Perspektiven analysiert und insgesamt vier Videos. Erst vom Hoteleingang, dann in der Lobby, dann am Check-In Schalter und schließlich wieder eine Aufnahme vom Hoteleingang.

Der Forensiker nimmt eine Bewegungsanalyse vor, trägt Bild für Bild vor, was zu sehen ist. Es geht auch um die Beschreibung der Kleidung und des Schmucks, den Gil Ofarim getragen hat.

Dunkle Hose, vermutlich braune Schuhe, eine offen getragene Jacke (vermutlich eine Lederjacke), ein offen getragenes Hemd, eine graue Hose und ein T-Shirt. Auch wenn die Farben auf den Videos nicht immer exakt bestimmbar sind, decken sich die Einschätzungen mit den Aussagen der bisherigen Zeugen.

Zum Schmuck hat Dirk Labudde folgendes herausgefunden: Es gibt im Video zusammenhängende Pixel, die sich im Verhältnis zu Oberbekleidung separieren lassen und "aufgrund der Position und Morphologie eine Kette o.ä. im Zusammenhang mit einem Anhänger darstellen könnten". Seine Analyse zeigt eine Kette, aber ob der Anhänger ein Davidstern ist, kann er nicht genau sagen.

"Nein, ich werde nicht einen Davidstern hochauflösend erkennen können, das kann ich sagen. Wir reden von Annahmen", sagt Dirk Labudde. Der Brustbereich von Gil Ofarim sei aber auch nicht durchgehend sichtbar gewesen, aber dass er ein Objekt, mutmaßlich eine Kette, sichtbar trug, ist in einigen Bildern zu sehen. Die Kette mit dem Davidstern war laut Gutachter erst zu erkennen, als Gil Ofarim vor dem Hotel das Instagram-Video aufgezeichnet hatte.

3. Prozesstag 14.11.23 | Wird Gil Ofarim heute reden?

Am dritten Prozesstag werden weitere Augenzeugen des Vorfalls in dem Leipziger Hotel befragt. Zudem wird ein Gutachten zu den Videoaufnahmen in der Lobby erwartet.

An den ersten beiden Prozesstagen hatten mehrere Zeugen der Darstellung Gil Ofarims widersprochen. Damit verschlechterte sich die Position des Angeklagten, der seine Version des Geschehens in der Öffentlichkeit mehrfach wiederholt hatte. Vor Gericht schwieg der Sänger bislang.

Einer seiner Verteidiger, Alexander Stevens, hatte in einem Interview mit dem "Focus" erklärt, der bisherige Prozessverlauf habe die Glaubwürdigkeit seines Mandanten gestärkt. Zudem kündigte er weitere entlastende Beweise an.

Neuer Zeuge meldet sich bei der Staatsanwaltschaft und belastet Gil Ofarim

Kurz nach Prozessbeginn gibt es eine Überraschung: Ein neuer Zeuge meldete sich am Vorabend per Telefon bei der Staatsanwaltschaft. Er habe sich durch die Berichterstattung erinnert, dass er am Abend des 4. Oktober 2021 auch im Hotel war und beim Check-In direkt hinter Gil Ofarim stand.

Er habe "keine Beleidigung" durch Hotelangestellte mitbekommen. Ob die Darstellung des Zeugen zutreffend ist, "weiß ich nicht", so Staatsanwalt Andreas Ricken. Das Gericht müsse nun entscheiden, wie es mit dem Zeugen verfährt.

Verteidiger greifen den Hotelmanager scharf an

Gil Ofarims Verteidiger greifen den Hotelmanager an. Anwalt Alexander Stevens wirft ihm vor: "Seine Glaubwürdigkeit und seine Glaubhaftigkeit sind erschüttert." Die Aussagen vor Gericht widersprächen den Aussagen der Vergangenheit. Der Hotelmitarbeiter habe im Prozess mehrfach erklärt, Gil Ofarim "nicht gekannt und deshalb nicht erkannt" zu haben.

Im Rahmen einer internen Ermittlung des Hotels durch eine Anwaltskanzlei habe er jedoch zugegeben, Gil Ofarim vor dessen Ankunft gegoogelt zu haben.

Laut dem Verteidiger habe sich der Hotelmanager mit einer Kollegin über die ankommenden VIP-Gäste unterhalten. Dabei soll die Frau gewitzelt haben, dass er den Namen Gil Ofarim nicht kannte. Daraufhin habe er den Namen gegoogelt und soll noch das Wort "Sänger" auf die VIP-Liste geschrieben haben.

Für die Verteidigung steht somit fest, dass der Hotelmanager "erwiesenermaßen lügt", so Alexander Stevens.

Verteidigung versucht herauszubekommen, ob ein Zeuge befangen ist

Ein Stammgast des Hotels, der als Zeuge geladen ist, erzählt, es habe Unmut in der Warteschlange gegeben, vermutlich "durch Herrn Ofarim". Er und sein Kollege hatten die Zimmerkarten bekommen, obwohl sie nicht an der Reihe waren. Es habe eine "gewisse Genervtheit" geherrscht. Er habe den Musiker aber nicht bewusst wahrgenommen, wisse also auch nicht, welche Kleidung oder welchen Schmuck er trug.

Der Staatsanwalt fragt den Zeugen, ob er den entscheidenden Satz gehört habe ("Pack Deinen Stern ein"), den der Hotelmanager laut Gil Ofarim zu dem Sänger gesagt haben soll. Seine Antwort: "Nein."

Die Verteidiger versuchen durch verschiedenste Fragen herauszubekommen, ob der Zeuge und Stammgast ein besonders enges Verhältnis zu den Verantwortlichen des Hotels hat und damit womöglich in seiner Aussage "befangen" ist. Sie zitieren unter anderem aus einer Mail, in dem sich der Hoteldirektor kurz nach dem Vorfall mit der "Bitte um Unterstützung" an den Zeugen gewandt hatte.

Ein zweiter Zeuge, auch Stammgast des Hotels und Kollege des ersten Zeugen, bestätigt im Kern die Aussage seines Vorgängers. Als er die Zimmerkarte bekam, habe ein Gast gefragt: "Na was ist denn an euch beiden so Besonderes, dass ihr schon die Karten bekommt?"

Er habe die Person zwar wahrgenommen, wusste zu diesem Zeitpunkt aber nicht, dass es sich um Gil Ofarim handelte, weil er diesen damals nicht gekannt habe. Der Satz habe vorwurfsvoll und ein wenig beleidigt geklungen. Von den massiven Vorwürfen gegen das Hotel und den Folgen hätten beide Männer erst am folgenden Abend aus den Medien erfahren.

Zeuge: "Herr Ofarim war auf 180!"

Die Verhandlung zieht sich und kommt ordentlich in zeitlichen Verzug. Zwei Zeuginnen sind deshalb schon ausgeladen worden - sie sollen morgen zu Wort kommen.

Ein dritter Zeuge schildert seine Sichtweise: Er habe, während er auf den Check-In wartete, Gil Ofarim gesehen. Der habe am Schalter "telefoniert und gestikuliert". Der Hotelmanager sei hingegen "sehr defensiv" und "gar nicht aufgebracht" gewesen.

"Herr Ofarim schleuderte ihm entgegen 'Scheiß Hotel!' oder 'Scheiß Service!'", so der Zeuge. Als er später das Instagram-Video von Gil Ofarim sah, wurde er stutzig. Vor Gericht sagt er: "Ich habe es anders wahrgenommen. Ich kann das nicht bestätigen!"

Der 58-Jährige habe zwar nicht gehört, was Gil Ofarim und der Hotelmanager miteinander besprochen haben, allerdings beschreibt er das Verhalten des Beschuldigten als aufbrausend und aggressiv.

Gil Ofarim verfolgt die Schilderungen meist mit verschränkten Armen, hört konzentriert zu und macht sich Notizen.

Keine Bestätigung der Antisemitismus-Vorwürfe

Drei weitere Zeugen sagen an diesem Tag noch aus. Alle schildern ihre Sichtweisen, niemand habe einen Davidstern an seinem Hals gesehen, niemand kann bisher die Antisemitismus-Vorwürfe gegen Gil Ofarim bestätigen. Es sieht nicht gut aus für den Musiker.

Als der Richter den Prozesstag beenden will, meldet sich die Verteidigung noch einmal zu Wort. Die Anwälte wollen ein Beweismittel einbringen. Die Daten befänden sich auf einem USB-Stick, sie sollen an einem der nächsten Tage gesichtet und bewertet werden, so der Richter.

2. Prozesstag 08.11.23 | Wichtigster Zeuge belastet Gil Ofarim

Am zweiten Prozesstag wird der wichtigste Zeuge der Anklage erneut befragt. Der Hotelmanager gibt am Mittwoch (08.11.) auf Nachfrage des Gerichts an, dass weder der Davidstern von Gil Ofarim noch antisemitische Äußerungen bei dem Streit um das Einchecken in das Hotel eine Rolle gespielt hätten.

Schmuck habe er während der Diskussion mit Gil Ofarim nur an dessen Hand wahrgenommen, sonst nirgendwo, sagt der 35 Jahre alte Zeuge am Mittwoch. Auch Rufe von anderen Gästen oder Mitarbeitern habe er nicht gehört. Der 35-Jährige ist nach den Vorwürfen noch immer in psychologischer Behandlung und hat das Hotel in diesem September auf eigenen Wunsch verlassen, arbeitet aber noch in der Branche. Er tritt in dem Verfahren auch als Nebenkläger auf.

Die Verteidigung beantragt, den Zeugen zu vereidigen. Aus ihrer Sicht hat der Manager in einigen Punkten bewusst gelogen. Das Gericht weist den Antrag aber zurück. "Die Kammer hat keine konkrete Überzeugung, dass der Zeuge bisher nicht die volle Wahrheit gesagt hat", sagt der Vorsitzende Richter, Andreas Stadler.

Eine weitere Hotelmitarbeiterin bekräftigt die Vorwürfe

Die Aussage des Hotelmanagers habe laut dem Richter auch nicht eine alleinige ausschlaggebende Bedeutung. "Auch weitere Personen haben Wahrnehmungen zu dem Gespräch gemacht." So gibt am Mittwoch die damalige Mitarbeiterin an der Rezeption des Hotels an, es habe keinerlei antisemitische Äußerungen beim Einchecken gegeben.

Als Gil Ofarim bei ihr am Schalter an der Reihe war, sei dieser wegen einer angeblichen Bevorzugung von anderen Gästen aufgebracht gewesen und habe sich wild gestikulierend beschwert. Sobald er auf dem Zimmer sei, gehe "viral, was für ein furchtbarer Laden" das Hotel sei, soll er gesagt haben. Der Manager habe daraufhin vom Hausrecht Gebrauch gemacht und den Gast des Hotels verwiesen.

Nach der Veröffentlichung des Videos von Gil Ofarim habe vor und im Hotel "Chaos" geherrscht, erläutert die 25-Jährige. Zahlreiche Medienvertreter seien am Abend in der Lobby gewesen, und vor dem Hotel hätten sich mehrere Hundert Demonstranten versammelt, um gegen Antisemitismus zu demonstrieren. "In den folgenden Wochen gab es massive Drohungen gegen das Hotel, es wurden auch die Sicherheitsmaßnahmen verschärft."

Weitere Zeugen werden befragt

Das Gericht befragt außerdem zwei weitere Zeugen, die am Abend des 4. Oktober 2021 hinter Gil Ofarim in der Schlange in der Hotellobby standen.

Es sei sehr voll gewesen an diesem Abend, Stammgäste hätten ihre Zimmerkarten erhalten, obwohl sie nicht an der Reihe gewesen wären. Der 58-Jährige Zeuge habe Teile des Gesprächs zwischen dem Hotelmanager und Gil Ofarim mitbekommen. Zumindest die Teile des Musikers. Er werde eine negative Bewertung in den sozialen Medien hochladen, das lasse er sich nicht gefallen und eine "Bombe platzen lassen, dass das viel Ärger für das Hotel geben würde", dann soll der Hotelmanager ihm den Meldeschein weggezogen haben.

Ob der Zeuge das Schmuckstück, den Davidstern, gesehen habe, fragt die Staatsanwaltschaft. Anfangs nicht, erst später habe der Hotelgast den Davidstern am Hals gesehen. Der Beschuldigte habe, soweit sich der 58-Jährige erinnere, seine Jacke anfangs noch nicht geöffnet.

Die Kollegin des Zeugen schildert den Vorfall ähnlich, auch sie habe das Gespräch zwischen Gil Ofarim und dem Hotelmitarbeiter mitbekommen. Der Hotelmanager sei sehr ruhig gewesen und habe dann zu Gil Ofarim gesagt, er müsse nicht in diesem Hotel übernachten. Gil Ofarim habe dann gesagt, er könne das auch publik machen über Insta und dann ginge es "bam, bam, viral" und habe dabei in die Handflächen geklatscht.

Die Zeugin habe von einer Kollegin das Video, das Gil Ofarim in den sozialen Medien veröffentlichte, geschickt bekommen. Ob das so gewesen sei, habe die Kollegin gefragt. "Nein, das sei nicht so gewesen", so die Zeugin.

1. Prozesstag 07.11.23 | Prozess gegen Musiker Gil Ofarim wegen Verleumdung beginnt

Der erste Prozesstag beginnt um 9 Uhr am Landgericht Leipzig. Gil Ofarim muss selbst erscheinen - und das tut er: Der Sänger und Schauspieler aus München trägt eine schwere Lederjacke, über seinem Hemd hängt an einer silbernen Kette der Davidstern.

Erstmals seit zwei Jahren trifft der jüdische Sänger dabei auch auf den von ihm beschuldigten Hotelangestellten. Dieser tritt als Nebenkläger auf und ist zudem als erster von 27 Zeugen geladen. Das Gericht hat bis zum 7. Dezember zehn Verhandlungstage angesetzt.

Gil Ofarim hatte vor gut zwei Jahren schwere Antisemitismusvorwürfe gegen einen Mitarbeiter eines Leipziger Hotels erhoben. Die Staatsanwaltschaft glaubte ihm aber nicht und es kam nach umfangreichen Ermittlungen zur Anklage gegen den 41-Jährigen. Das Ermittlungsverfahren gegen den Hotelmitarbeiter wurde eingestellt.

Die ersten Journalisten versammen sich am Dienstagmorgen bereits um 05:15 Uhr vor dem Landgericht. Sämtliche 85 Sitzplätze im Schwurgerichtssaal sind bereits eine Stunde vor Prozessbeginn besetzt.

Anklage im Prozess gegen Musiker Gil Ofarim verlesen

Kurz nach Prozessbeginn wird die Anklage gegen Gil Ofarim verlesen. Darin wirft die Staatsanwaltschaft dem 41-Jährigen unter anderem falsche Verdächtigung und Verleumdung vor.

Laut Anklage hatte der Musiker vor mehr als zwei Jahren in einem viral gegangenen Video geschildert, dass ein Mitarbeiter eines Leipziger Hotels ihn aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen, damit er einchecken könne. Zuvor hatte sich der Musiker über die Bevorzugung von Gästen beschwert, die hinter ihm in der Warteschlange gestanden hätten.

"Das entspricht nicht der Wahrheit", sagt Staatsanwalt Andreas Ricken. Der Angeklagte habe den Mitarbeiter zu Unrecht als Antisemiten dargestellt. Nach Angaben der Anklagebehörde sei beim Einchecken der Davidstern unter dem Hemd des Musikers gar nicht zu erkennen gewesen. Erst bei der Videoaufnahme habe Gil Ofarim den Stern sichtbar gemacht.

Während der Anklageverlesung wirkt der Sänger hochkonzentriert, schreibt mit, runzelt die Stirn bei einigen Vorwürfen und nickt, als der Staatsanwalt den Inhalt seiner Videos wiedergibt.

Verteidiger von Gil Ofarim: Es geht um die "Diskriminierungserfahrung"

Nach dem Verlesen der Anklageschrift äußert sich Rechtsanwalt Alexander Stevens zu den Vorwürfen. Bei dem Fall handele es sich um einen "klassischen Fall von Aussage gegen Aussage". Sei während des Vorfalls vor gut zwei Jahren ein diskriminierendes Wort gefallen, so sei sein Mandant freizusprechen, betont der Verteidiger von Gil Ofarim.

Möglich sei außerdem, dass es sich bei dem Fall um ein Missverständnis oder schlechten Humor handele - oder eben doch um eine "antisemitische Anspielung", so der Anwalt weiter. Für die Gesellschaft sei es wichtig, dass das Gericht die Wahrheit ermittle.

Außerdem betont der Rechtsanwalt, es gehe "nicht um den Stern, sondern um die Diskriminierungserfahrung". Mobbing und Diskriminierung seien - besonders für Opfer - schwer nachzuweisen.

Gil Ofarims Anwalt erhebt schwere Vorwürfe gegen das Hotel und die Medien, die seines Erachtens mit Lügen die öffentliche Meinung bestimmten und seinen Mandanten diskreditierten. Der Anwalt zieht Vergleiche mit "metoo"-Fällen und äußert Zweifel, ob in dem Prozess die Wahrheit tatsächlich ans Licht kommen werde.

Unterbrechungen und Technikpannen führen zu Verzögerungen

Ursprünglich wollte Gil Ofarim selbst zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft Stellung nehmen. Da der Verteidigung aber noch einige Akten fehlten, verzichtet er zunächst auf eine Aussage und überläßt das Feld seinen Anwälten.

In einer ersten Unterbrechung gegen 11 Uhr versucht man die fehlenden Akten zu beschaffen. Der Vorsitzende Richter Andreas Stadler zieht die Mittagspause vor, man bemühe sich "den Sonderband zu kopieren und einzuscannen."

Erst um 14:30 Uhr wird der Prozess mit der Beweisaufnahme fortgeführt. Der Saal ist da schon nicht mehr ganz so gefüllt wie noch am Morgen zu Prozessbeginn.

Um 15 Uhr soll dann der Hotelmitarbeiter als Zeuge sprechen, doch dieser ist über das Mikrofon kaum zu verstehen. Das Gericht ruft den Techniker und die Hauptsitzung ist wieder unterbrochen. Das Tonproblem wird nach einer halben Stunde behoben und der Zeuge ist endlich gut zu hören.

Hotelmitarbeiter fühlte sich von Gil Ofarim bedroht

Laut dem dem 35 Jahre alten Hotelmitarbeiter sei es an der Rezeption an dem Abend im Oktober 2021 aufgrund von technischen Problemen zu einer Verzögerung gekommen. Der Angeklagte habe das Hotel als "Scheißladen" bezeichnet, weil andere Gäste angeblich bevorzugt worden seien, sagte der Mitarbeiter. Er habe Ofarim aufgefordert, sich zu entschuldigen und verwehrte ihm das Einchecken.

Er habe sich von Ofarim bedroht gefühlt, als dieser ankündigte, dass er eine schlechte Bewertung zum Hotel ins Netz stellen wolle. Der Sänger sei "in Rage gewesen, es fühlte sich bedrohlich an", sagt der Zeuge.

Gil Ofarim habe sich nach der Auseinandersetzung von der Rezeption entfernt und telefoniert. Im weiteren Verlauf des Abends hatte er ein Video veröffentlicht, in dem er dem Mitarbeiter Antisemitismus vorwarf. Der Schilderung des Musikers zufolge sei er aufgefordert worden, seine Kette mit Davidstern abzunehmen, damit er einchecken könne.

Um 17 Uhr beende der Vorsitzende die Sitzung. Der Hotelmitarbeiter wird sich den Fragen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung am Mittwoch (08.11.) stellen müssen.

Was Gil Ofarim bei einer Verurteilung droht

Bei einer Verurteilung wegen falscher Verdächtigung oder öffentlich begangener Verleumdung droht laut Strafgesetzbuch eine Geldstrafe. Im äußersten Fall kann es auch zu einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren kommen.

Wird ein Angeklagter wegen mehrerer Straftatbestände verurteilt, wird das Strafmaß nicht addiert, sondern eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet.

Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.

Der Artikel wird fortlaufend aktualisiert.

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