Gil Ofarim, 41 Jahre alter Musiker aus München, ist am Tiefpunkt seiner Karriere angelangt, vielleicht sogar am Tiefpunkt seines Lebens. Einst sonnte er sich im Erfolg, Fans himmelten ihn an, TV-Sender hofierten ihn, auf der „VIP“-Liste von Hotels stand sein Name ganz oben. Sein Status: „Rockstar“.
Am 4. Oktober 2021 begann Ofarims ungebremster Absturz. Die Veröffentlichung eines Instagram-Videos, auf dem er einem Manager des Leipziger Hotels „Westin“ Antisemitismus vorwarf, brachte ihn zunächst in Erklärungsnot und dann, zwei Jahre später, auf die Anklagebank des Landgerichts Leipzig.
Rockstar Gil Ofarim – von der Bühne auf die Anklagebank
Hier sitzt Gil Ofarim seit nunmehr fünf Verhandlungstagen, angeklagt wegen des Verdachts der Verleumdung und der falschen Verdächtigung. Er soll einen anderen Menschen ins Unglück gestürzt, ein angesehenes Hotel in Misskredit und eine Stadt, nein, eine ganze Region in Verruf gebracht haben. Ob es so war, wird sich zeigen.
Wer Gil Ofarim während der Verhandlung oder in Prozesspausen beobachtet, spürt: Da sitzt ein Angeklagter, der leidet wie ein Hund. Es scheint, als werde ihm die ganze Wucht, die ganze Dramatik der Ereignisse erst jetzt so richtig bewusst. Oft wirkt er hochkonzentriert, mustert Zeugen, macht sich Notizen, spricht mit seinen Anwälten. Dann wieder sitzt er gedankenversunken da, schaut ins Nichts, grübelt.
Natürlich möchte man in diesen Momenten gern wissen, was in Gil Ofarim vorgeht, dem Mann, der vor 26 Jahren erstmals aus dem Schatten seines berühmten Vaters trat, dem israelischen Sänger und Musikproduzenten Abi Ofarim (1937 - 2018).
Seine Karriere begann mit einer Lovestory in der „Bravo“
Es war im Sommer 1997, als eine Lovestory in der „Bravo“ Gil Ofarim auf einen Schlag deutschlandweit bekannt macht. Das unschuldige Lächeln des süßen 15-Jährigen mit den langen blonden Haaren und der Gitarre in der Hand strahlt damals von unzähligen Jugendzimmer-Wänden. Noch als Teenie-Schwarm startet er seine Karriere als Musiker. Damit geht für ihn ein Traum in Erfüllung.
Ofarim will schon als Kind berühmt werden. Unter der Scheidung der Eltern leidend, sucht er früh nach Anerkennung und will in die großen Fußstapfen seines Vaters treten. Der managt seinen Sohn nach der „Bravo“-Story zum internationalen Musikstar.
Mit Hits wie „Round 'N' Round“ oder „Never Giving Up Now“ tourt der junge Ofarim durch Deutschland und halb Asien und landet in Kanada sogar einen Top-10-Hit.
Die Kehrseite des frühen Erfolgs lässt jedoch nicht lange auf sich warten: „Ich wurde gefeiert wie ein Megastar“, so der jüdische Musiker in einem Interview. „Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich ein Trauma davongetragen habe, aber es hat alles seine Schattenseiten – gerade in dem Alter.“
„Habe mich geschämt“: Ofarim muss in Kneipe arbeiten
Gil Ofarim bricht die Schule ab und fühlt sich nach eigener Aussage schnell für seine Familie finanziell verantwortlich. Seine großen Ambitionen und der Medienrummel um seine Person machen ihm zu schaffen, bei einem Konzert in Hongkong erleidet er sogar einen Schwächeanfall auf der Bühne.
Trotzdem macht er weiter, gründet die Alternativ-Rockbands „Zoo Army“ und „Acht“ und emanzipiert sich immer mehr von seinem Teenie-Star Image.
Nach zahlreichen TV-Auftritten wie bei „The Voice of Germany“ wird es in den 2010er-Jahren ruhiger um Ofarim. Um sich über Wasser zu halten, jobbt er als Barista. Ein schwerer Schlag für den ehrgeizigen Musiker: „Und dann stand ich plötzlich da – in einer Kneipe – und musste Kaffee zubereiten“, erzählt er in einem Interview zu seiner Autobiographie „Freiheit in mir“.
„Es war eine sehr heftige Zeit. Ich habe mich wegen der Blicke der Anderen und wegen der Sprüche, wenn ich erkannt wurde, geschämt.“
TV-Comeback bei „Let’s Dance“, Rosenkrieg mit Ex-Frau
Die Blicke der Anderen scheinen für Gil Ofarim immer eine große Rolle zu spielen. Ob bei „Let’s Dance“, wo er 2012 als Gewinner sein TV-Comeback feiert, aber auch im nachfolgenden öffentlichen Rosenkrieg zwischen ihm und seiner Ex-Frau Verena Ofarim, der ihm viele Negativschlagzeilen einbringt.
„Ich habe das alles nicht verstanden“, sagt er über diese Zeit. „Was ist so spannend an meinem Leben? Ich finde es schade, dass es in der Presse nicht hauptsächlich um mich als Musiker geht.“
Um seine Musik geht es seit der Veröffentlichung seines Instagram-Videos, in dem er behauptet, Opfer eines antisemitischen Vorfalls geworden zu sein, schon lange nicht mehr. Stattdessen ist rund um seine Person eine heftige politische Debatte entbrannt.
Die Haltung, allen gefallen zu wollen – Gil Ofarim hat sie laut eigener Aussage abgelegt. Während des Prozesses gegen ihn wird diese Einstellung ein weiteres Mal auf eine harte Probe gestellt.
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