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Sopranistin Gabriele Schnaut gestorben: Hochdramatisch aber keine Diva - BR-Klassik

Sopranistin Gabriele Schnaut gestorben Hochdramatisch, aber keine Diva

20.06.2023 von Alexandra Maria Dielitz

Vom Alt über den Mezzosopran bis zum hochdramatischen Sopran hat sich Gabriele Schnaut emporgesungen. Über ein Vierteljahrhundert schaffte sie es, sich in diesem Stimmfach auf allen großen Bühnen der Welt zu behaupten: Isolde in Hamburg, Elektra in Paris, Brünnhilde in New York, Turandot in Salzburg, Kundry in München, Ortrud in Bayreuth – alles Partien, die eine große Stimme und eine großartige Sängerdarstellerin erfordern. Jetzt ist Gabriele Schnaut im Alter von 72 Jahren gestorben. Das hat ihre Agentur Hilbert Artists Management dem Bayerischen Rundfunk am 20. Juni bestätigt.

Die Sängerin Gabriele Schnaut | Bildquelle: Bayerischer Rundfunk

Bildquelle: Bayerischer Rundfunk

Im Foyer des Münchner Nationaltheaters, 2. Rang links: Da steht eine blonde Dame im Halbprofil vor schroffer Bergkulisse – eine moderne Brünnhilde, die auf dem Walkürenfelsen nach Wotan Ausschau hält? Tatsächlich ist es die Sopranistin Gabriele Schnaut, die sich in Abendrobe auf einer Almwiese des Karwendelgebirges von Depeche Mode-Photograph Anton Corbijn ablichten ließ. Keinesfalls wollte sie als pompöses Ölgemälde ihr überzeitliches Dasein in der Porträtgalerie der Bayerischen Staatsoper fristen – das hätte auch nicht zu ihr gepasst.

Diese Künstlerin gehörte zwar zu den weltweit führenden Brünnhilden, Elektras und Turandots der letzten 25 Jahre, aber eine Diva war sie nicht. Nur eine Frau, die wusste, was sie kann; zum Beispiel vierstündige Wagner-Opern ohne Schaden überstehen. Und das sei nicht nur eine Frage der Technik, erzählte die Sängerin in einem Interview.

Gabriele Schnaut | Bildquelle: Bayerischer Rundfunk 2023

Bildquelle: Bayerischer Rundfunk 2023

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Gabriele Schnaut - Doku "Ring Ring Ring"

Das Instrument ist wichtig

"Es hängt natürlich auch damit zusammen, dass man das Instrument für diese Rollen hat", so Gabriele Schnaut. "Ich sage immer: Sie können kein Stück, das für Posaune komponiert wurde, auf einer Querflöte blasen. Sie ruinieren das Instrument. Das ist mit der Stimme genauso."

Die Sopranistin Gabriele Schnaut als Euphrat in Jörg Widmanns "Babylon" an der Bayerischen Staatsoper | Bildquelle: picture alliance / dpa | Frank Leonhardt Die Sopranistin Gabriele Schnaut als Euphrat in Jörg Widmanns "Babylon" an der Bayerischen Staatsoper | Bildquelle: picture alliance / dpa | Frank Leonhardt Das passende Instrument hatte Gabriele Schnaut zweifellos. Außerdem war sie klug genug, ihrer kolossalen Stimme Zeit zur Entwicklung zu lassen. Während des Studiums an der Frankfurter Hochschule sang sie als Altistin in der Gächinger Kantorei, dann ging sie als Mezzosopran nach Stuttgart, Darmstadt und in ihre Geburtsstadt Mannheim. Erst 1985, mit knapp 35 Jahren, stieg sie mit Wagners Isolde die letzte Stufe hinauf zum hochdramatischen Sopran. Einige Jahre später folgte dann Strauss' Elektra, eine ihrer ganz großen Rollen. 

Gabriele Schnaut hatte keine Angst vor der Moderne

1997 wird sie von der Zeitschrift "Die Deutsche Bühne" als "einzige echte, hochdramatische Sängerdarstellerin unserer Zeit" gefeiert. Damals gehörte sie zu den wenigen Interpretinnen, die sich im schweren Wagnerfach in Bayreuth, Salzburg, Paris, Mailand und New York die Klinke in die Hand gaben. Außerdem hatte Gabriele Schnaut weder Angst vor modernem Regietheater noch vor zeitgenössischer Musik: Mit Aribert Reimann, Jörg Widmann und Wolfgang Rihm kam sie genauso klar wie mit Ruth Berghaus, David Pountney oder David Alden.

BR-KLASSIK erinnert an Gabriele Schnaut

BR-KLASSIK ändert sein Radioprogramm und erinnert an die Sängerin Grabiele Schnaut in der Sendung "Klassik Stars" am Mittwoch, 21. Juni 2023, um 18:05 Uhr.

Schnaut fühlte ihre Bühnenfiguren

Unangenehm wurde Gabriele Schnaut nur, wenn ein Regisseur schlecht vorbereitet war. Denn die Sängerin fühlte ihre Bühnenfiguren, sie identifizierte sich mit ihnen. Das kam auch Charakterrollen wie Klytämnestra, Herodias oder Janáčeks Küsterin zugute, die sie sich in den letzten Jahren erschlossen hatte. Auf der Bühne zerrte sie fachbedingt oft tote Helden herum, stellte mörderische Fragen oder schwang die Axt, aber sie konnte auch ein Kind in den Schlaf singen.

Wie ihre Agentur Hilbert Artists Management und die Bayerische Staatsoper dem Bayerischen Rundfunk am 20. Juni bestätigte, ist Gabriele Schnaut im Alter von 72 Jahren gestorben.

Sendungen:
"Leporello" am 20. Juni 2023, um 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
"Klassik Stars" am 21. Juni 2023, um 18:05 auf BR-KLASSIK

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