Search

"Wir sind radikal": Serie "Ku'damm 56" goes Musical - n-tv NACHRICHTEN

Fünf Jahre ist es her, dass "Ku'damm 56" zum TV-Erfolg wird. Zwei Fortsetzungen folgen, nun kämpft sich Anti-Heldin Monika auch auf der Musical-Bühne aus dem Muff der 1950er-Jahre heraus. Und das nur einen Katzensprung vom Berliner Ku'damm entfernt.

Schon so mancher erfolgreiche Kinofilm hat im Musical seine Wiederauferstehung gefeiert. TV-Formaten dagegen ist eine solche Ehre nur selten vergönnt. Nun gut, die ursprüngliche Fernsehserie "High School Musical" wurde - wie originell - auch schon mal auf die Bühne gebracht. Am Broadway liegen Musical-Pläne für die 90er-Jahre-Sitcom "Die Nanny" in der Schublade. Und hierzulande durften tatsächlich bereits "Wickie und die starken Männer" von Zeichentrick-Gestalten zu singenden Schauspielern aus Fleisch und Blut mutieren.

109196320.jpg

Als TV-Serie feierte "Ku'damm 56" 2016 Erfolge.

(Foto: picture alliance/dpa)

Doch das sind absolute Ausnahmen und nicht die Regel. Schon allein deshalb ist es eine ganz besondere Ehre für die Serie "Ku'damm 56", nun auch die Bretter, die die Welt bedeuten, zu erobern. 2016 flimmerte das Porträt der deutschen Gesellschaft in den 1950er-Jahren aus der Feder von Drehbuchautorin Annette Hess beim ZDF über die Bildschirme. Und das mit großem Erfolg: Mehr als fünf Millionen Zuschauer sahen zu, wie sich Anti-Heldin Monika aus dem Muff ihrer Zeit herauskämpft und so "vom hässlichen Entlein zum pummeligen Star" wird, wie es Hess auf einer Pressekonferenz anlässlich der Musical-Premiere am Sonntag in Berlin formulierte.

Im Fernsehen durfte die Show mit "Ku'damm 59" und "Ku'damm 63" bereits zwei Mal in die Verlängerung gehen. Beides wie die Originalserie Dreiteiler mit Episoden von jeweils rund 90 Minuten Länge. Das Musical fokussiert sich indes erst einmal auf die Anfänge von Monikas Geschichte. Doch wer weiß - vielleicht lassen sich die Fortsetzungen ja irgendwann auch nochmal aus der Flimmerkiste ins Theater holen.

Kein Grund zu schmollen

Die Rahmenbedingungen dafür sind jedenfalls (nahezu) perfekt. Schließlich hat das Musical seine Zelte im "Stage Theater des Westens" aufgeschlagen - und damit nicht nur in einer der schönsten Spielstätten Berlins, sondern auch nur einen Katzensprung vom Kurfürstendamm entfernt. Lediglich ein Wermutstropfen bleibt - wie sollte es in diesen Tagen auch anders sein: Gegen Corona kommt auch Monika nicht an. So konnte die Premiere unter strengen 2G-plus-Auflagen zwar glanzvoll gefeiert werden, doch die Pandemie droht den Siegeszug der Inszenierung, für die bis April über 160 Aufführungen geplant sind, in den kommenden Wochen dann doch zu verhageln.

266129830.jpg

Haben sich gesucht und gefunden: Autorin Annette Hess und die Songschreiber Ulf-Leo Sommer (l.) und Peter Plate.

(Foto: picture alliance/dpa)

"Könnten die Fans der TV-Serie von der Musical-Version enttäuscht sein, so wie Filme oftmals der Buchvorlage nicht gerecht werden?", lautete sinngemäß eine Frage auf der Pressekonferenz an Annette Hess. Die ebenso knappe wie überzeugte Antwort der Autorin lautete: "Nein." Und in der Tat dürfte niemand die Vorführung schmollend verlassen, wenngleich sich insgesamt viereinhalb Stunden Serienmaterial in einer rund zweieinhalbstündigen Musical-Adaption natürlich nur verdichtet darstellen lassen.

Mitunter ein wenig zu verdichtet, was vielleicht das einzige Manko der Show ist. Das Themenspektrum, an dem sich "Ku'damm 56" abarbeitet, ist schließlich so mannigfaltig, dass den Zuschauern und Zuschauerinnen trotz fetziger Musik und mitreißender Tanzeinlagen kaum Zeit zum Durchschnaufen bleibt. Da geht es um das Erbe von Holocaust und NS-Diktatur in Familien, Beziehungen, Justiz, Verwaltung und Industrie ebenso wie um die politische Zerrissenheit im Nachkriegsdeutschland, um Homosexualität und Vergewaltigung, das überkommene Geschlechterverhältnis und allem voran natürlich die Emanzipation der Frau in einer Gesellschaft, die hinter all den bunten und wehenden Pettycoats unter der Bigotterie, Spießigkeit und Scheinheiligkeit jener Zeit zu ersticken droht. Etwas weniger wäre hier vielleicht durchaus mehr gewesen.

Plate und Sommer liefern ab

Relativ reduziert kommt dagegen das Bühnenbild daher, wenngleich die mitunter parallel erzählten Handlungsstränge gleich auf mehreren Etagen ablaufen. Mehr ist aber auch gar nicht nötig angesichts des Spektakels, das das Ensemble vor dem Hintergrund einer Live-Band abfackelt. Allen voran ist hier natürlich Sandra Leitner in der Hauptrolle der Monika zu nennen, aber auch ihr von David Jakobs dargestellter Freund Freddy und insbesondere Katja Uhlig, die als Caterina Schöllack die dem Muff unterlegene Mutter von Monika mimt. Wenn sich ihre Stimme auf einmal zum operettenhaften Gesang erhebt, erstarrt das weite Rund für einen Moment. Kurzum: "Ku'damm 56" ist insgesamt perfekt besetzt.

03_Ku'damm 56_CC Jörn Hartmann - Dominic Ernst.JPG

Monika (Sandra Leitner, r.) im Kreise ihrer Familie: Mutter Caterina (Katja Uhlig, 2.v.l.) und ihre Schwestern Eva (Isabel Waltsgott, l.) und Helga (Tamara Pascual).

(Foto: Jörn Hartmann / Dominic Ernst)

Doch am Ende des Tages ist ein Musical dann halt doch in weiten Teilen nur so gut wie seine Musik. Und auch hier liefern die Macher ab. Kein Wunder, haben doch keine Geringeren als Peter Plate und Ulf-Leo Sommer die Verantwortung dafür übernommen, Monikas Helden-Reise in die passenden Kompositionen zu kleiden. Die beiden sind längst nicht mehr nur als die musikalischen Masterminds hinter dem Pop-Duo Rosenstolz bekannt, sondern auch als Song-Lieferanten für so unterschiedliche Interpreten und Interpretinnen wie Max Raabe, Sarah Connor und Helene Fischer. Manch einem mag der typische Rosenstolz-Sound ein wenig zu pathetisch anmuten - zu einem Musical wie "Ku'damm 56" passt er jedoch natürlich wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.

So erwartet die Zuschauer und Zuschauerinnen im "Stage Theater des Westens" ein gelungenes Wechselspiel aus treibenden Beats und ruhigen oder nachdenklichen Passagen. Wenn das Ensemble dann dazu ein ums andere Mal plötzlich wie in Zeitlupe agiert oder wie in einem Standbild einfriert, erstarrt das weite Rund ein weiteres Mal.

Nicht von der Stange

Nur Monika, die erstarrt nicht. Mutig macht sie sich auf den Weg, um all die Zwänge, Irrungen und Wirrungen, in denen sie steckt, hinter sich zu lassen. Nein, sie wird kein "schöner Schwan" - aufgedonnert, mit rotem Lippenstift und einem noch bunteren Pettycoat als alle anderen. Ihre Emanzipation wird nicht auf vermeintliche äußere Attribute projiziert. Es ist die innere Reife, die zählt.

266186407.jpg

Nach der Premiere gab es langanhaltenden Beifall.

(Foto: picture alliance/dpa)

"Wir sind radikal", erklärte Annette Hess auf der Pressekonferenz mit Blick auf ihre Erzählung. Bei ihr und dem Team um sie herum schwingt die Hoffnung mit, "Ku'damm 56" könne sich wie dereinst "Linie 1" zur neuen Hauptstadt-Institution mausern. Doch egal, ob das gelingt oder nicht, steht eines fest: Ein Musical von der Stange ist "Ku'damm 56" nicht. Und damit passt es doch schon mal bestens zu Berlin.

"Ku'damm 56" ist ab sofort bis vorerst 24. April 2022 im Berliner "Stage Theater des Westens" zu sehen.

Adblock test (Why?)

Artikel von & Weiterlesen ( "Wir sind radikal": Serie "Ku'damm 56" goes Musical - n-tv NACHRICHTEN )
https://ift.tt/2ZAKjs3
Unterhaltung

Bagikan Berita Ini

0 Response to ""Wir sind radikal": Serie "Ku'damm 56" goes Musical - n-tv NACHRICHTEN"

Post a Comment

Powered by Blogger.