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Serie "Faking Hitler" auf RTL+: Von Nazis, Narzissmus und gefallenen Helden - n-tv NACHRICHTEN

Vor fast 40 Jahren glaubt der "Stern", mit den Hitler-Tagebüchern den ganz großen Coup gelandet zu haben. Am Ende wird es jedoch der bislang größte Medienskandal. Davon erzählt die RTL+ Serie "Faking Hitler" mit Lars Eidinger und Moritz Bleibtreu in den Hauptrollen.

Anfang der 1980er-Jahre geriet der Stein ins Rollen, der dem Magazin "Stern" zwei Jahre später seine schlimmste Niederlage einhandelte und bis heute als größter Medienskandal gilt. Damals fiel der renommierte Investigativ-Journalist Gerd Heidemann auf Konrad Kujau herein, einen geschickten und bauernschlauen Kunstfälscher. Diese Geschichte rollt die Mini-Serie "Faking Hitler", beruhend auf dem gleichnamigen "Stern"-Podcast, nun noch einmal für RTL+ auf. Als Gerd Heidemann brilliert Lars Eidinger. Für die Rolle des Konrad Kujau wurde mit Moritz Bleibtreu die passende Besetzung gefunden.

Es ist nicht das erste Mal, dass man die Story in Bewegtbild umgesetzt hat. Schon die britische Serie "Selling Hitler" von Alastair Reid aus dem Jahr 1991 mit Jonathan Pryce sowie der Film "Schtonk!" von Regisseur Helmut Dietl mit Götz George im Jahr darauf nahmen sich ihrer auf satirische Weise an. Der Ansatz von "Faking Hitler" ist jedoch ein anderer. Nicht nur, weil sich die Autoren um Initiator Tommy Wosch sowie die Regisseure Wolfgang Groos und Tobi Baumann dank einer Gesamtlänge von viereinhalb Stunden in sechs Folgen deutlich mehr Zeit lassen konnten als einst Dietl. Auch geht es weniger um den von Schadenfreude gezeichneten Humor, der dem Ganzen durchaus innewohnt. Vielmehr stehen die tragischen Helden der Geschichte und das, was sie antreibt, im Fokus. Garniert wird das mit fiktiven Elementen, die die Brisanz der Ereignisse noch zusätzlich unterstreichen.

Hitler - ein Monster mit menschlichen Zügen?

Gerd Heidemann (Lars Eidinger) ist damals das Zugpferd der "Stern"-Redaktion. Beziehungsweise war er das, denn sein letzter Knüller liegt schon eine Weile zurück. Und so steht er unter dem Druck, endlich mal wieder eine exklusive Story aus dem Hut zaubern zu müssen, die für Aufsehen und Auflage sorgt. Als Liebhaber von Nazi-Devotionalien gerät er über einen seiner Kontakte an Tagebücher, die der Führer höchstpersönlich zwischen 1935 und 1945 geschrieben haben soll - heimlich natürlich. Tagebücher, die den monströsen Adolf Hitler in einem anderen, menschlicheren Licht dastehen lassen. Beim "Stern" glaubt man bald, die Geschichte des Dritten Reichs müsse neu geschrieben werden. Dass der eigentliche Verfasser der am Ende 62 Bücher derjenige ist, der sich als Zwischenhändler ausgibt, ahnt niemand. Für ihn, Konrad Kujau, ist es der größte Coup seiner Kunstfälscher-Karriere. Für den Journalisten Gerd Heidemann hingegen ist es die größte Niederlage und das Ende seiner Laufbahn.

Zwei Jahre dauert es von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Präsentation der Hitler-Tagebücher bei einer internationalen Pressekonferenz am 25. April 1983. Zwei Jahre, in denen es sehr viele Momente gibt, in denen Heidemann misstrauisch werden könnte - oder es sogar wird. Doch ist es seinem Narzissmus, seinem Ehrgeiz und dem Druck seiner Vorgesetzten geschuldet, dass er aufkeimende Zweifel immer wieder beiseiteschiebt. Und es sind die gewitzten, oft hanebüchenen Ausreden, die Kujau ihm auftischt, wenn er mit dem Schreiben der versprochenen Bücher nicht nachkommt. Am Ende erhält er rund neun Millionen D-Mark, die Heidemann dem Verlag dafür aus den Rippen leiert.

Im Rahmen dieser realen Ereignisse erzählt "Faking Hitler" die fiktive Geschichte der Nachwuchs-Journalistin Elisabeth Stöckel (Sinje Irslinger), die für den "Stern" die SS-Vergangenheit von "Derrick"-Darsteller Horst Tappert aufarbeitet und dabei herausfindet, dass ihr eigener Vater, ein linksliberaler Uni-Professor (Ulrich Tukur), über einen ähnlich unrühmlichen Background verfügt. Auch bei diesem mit den Tagebüchern eng verwobenen B-Strang geht um Vergangenheitsbewältigung und Machtmissbrauch.

Trügerische Freundschaft

Wer den Podcast "Faking Hitler" kennt, weiß um das spezielle Verhältnis, das sich zwischen Heidemann und Kujau entwickelte, denn es liegen zahlreiche Mitschnitte der Telefongespräche zwischen den beiden Männern vor. Heidemann zeichnete sie für den Notfall auf. Als er schließlich wegen Betrugs vor Gericht stand, halfen sie ihm allerdings nicht weiter. Er wurde trotzdem zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Dem Hörer aber zeigen sie, wie Kujau für Heidemann mehr und mehr zu einer Art Freund wurde, während dieser ihn immer wieder mit kruden Geschichten aufs Glatteis führte. Eben dieses spezielle Verhältnis wird nun auch in der Serie in Szenen zwischen Lars Eidinger und Moritz Bleibtreu spürbar.

Der gebürtige Münchner und Wahlhamburger Bleibtreu, der als Kujai mit schwäbischem Akzent äußerst verschlagen agiert. Und Eidinger, der es gewohnt ist, einen Besessenen zu mimen. Dieses Mal allerdings einen, der nicht - wie seine Triple-"Tatort"-Figur Kai Korthals - besessen ist vom Töten, sondern von Ruhm und Erfolg. Das spielt er mit einem tragischen Unterton, ohne seine Figur der Lächerlichkeit preiszugeben. Was im Laufe der Serie mehr und mehr in den Hintergrund rückt und eine Identifizierung mit beiden Figuren überhaupt erst möglich macht, ist deren eigene Faszination für den Nationalsozialismus. Dabei war es ihre vermeintlich politisch eher rechte Position, die sie überhaupt erst zusammenbrachte. An der Stelle würde sich dem Zuschauer eigentlich jedes Nackenhaar aufstellen und doch erwischt man sich immer wieder dabei, Sympathien für beide Figuren zu hegen.

Und natürlich fragt man sich mehr als einmal: Wie konnte es so weit kommen? Wie konnte Heidemann die Zeichen übersehen? Doch zeigt der Fall von Claas Relotius aus dem Jahr 2018 sowie auch sämtliche Fake News des aktuellen Tagesgeschehens, dass der Mensch eben nur zu gern das glaubt, was er glauben möchte. Und so ist "Faking Hitler" optisch zwar retroesk und macht dank der tollen Ausstattung und der passenden Musikauswahl Fans dieser Ära viel Freude, doch ist die Geschichte ansonsten leider noch immer ziemlich aktuell.

"Faking Hitler" ist ab dem 30. November auf RTL+ abrufbar.

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