Die Szene des Spiels: Marco Sportiello sprang in die Luft, ruderte wild mit den Armen und schrie seinen Ärger in den Madrider Nachthimmel. Die Ursache für diesen Ausbruch: Marco Sportiello. Der Torhüter Atalantas selbst war es gewesen, der den Ball ohne Not zu Luka Modrić gespielt hatte. Real Madrids Mittelfeldstratege reagierte schnell, legte nach ein paar Schritten in Richtung Tor auf Karim Benzema quer und durfte kurz darauf mit dem Franzosen über ein Führungstor (34. Minute) jubeln, das die sportliche Richtung des Abends vorgeben sollte.
Das Ergebnis: 3:1 (1:0) setzte sich Real Madrid im Estadio Alfredo Di Stéfano gegen die Gäste aus Bergamo durch und steht im Viertelfinale der Champions League. Eine deutlich souveränere Angelegenheit als im Hinspiel, in dem die Madrilenen trotz Überzahl ab der 17. Minute erst spät das Siegtor hatten erzielen können. Hier geht es zum Spielbericht.
Der Elche-Test: Große Mannschaften eint mitunter ihre Erwartbarkeit. Jeder weiß, wie die Topklubs Fußball spielen, nur verhindern lässt es sich nicht. Real Madrid hatte dieses Selbstverständnis lange, über Jahre wich der Klub kaum von einer 4-3-3-Grundordnung ab. Nun übte Real am Wochenende in der Liga gegen den FC Elche überraschend eine Fünferkette ein. Gegen Atalanta kam diese erneut zum Einsatz – so wollte Zinédine Zidane die Formation des Gegners spiegeln und dessen offensive Außenverteidiger in Schach halten.
Stilsicher: Einer davon, Nationalspieler Robin Gosens, hatte sich und seinen Mitspielern im DAZN-Vorlauf zum Spiel noch Mut zugesprochen. »Für uns gibt es im Grunde nur diesen Vollgasfußball«, schwor er die Zuhörenden auf Atalantas markanten Offensivstil ein. Die besten Chancen auf ein Weiterkommen habe man, »wenn wir den Ball so oft wie möglich in deren Hälfte erobern«.
Die erste Hälfte: Gesagt, getan: Schon nach drei Minuten tauchte Gosens am Fünfmeterraum auf, nach einer Flanke von Luis Muriel vergab der Linksverteidiger die Chance zur Führung. Atalanta wirkte motiviert, fast etwas übereifrig – und deswegen nicht immer ballsicher. Nach einer Viertelstunde hatte Real die Drangphase überstanden, kam durch einen geblockten Schuss von Vinícius Júnior zu einer guten Gelegenheit (27.) und nach Sportiellos Aussetzer zur Führung.
Die zweite Hälfte: Atalantas Coch Gian Piero Gasperini wechselte Mittelstürmer Duván Zapata ein, Mittelfeldspieler Mario Pasalic musste vom Feld. Das sollte Torgefahr bringen, doch vor allem öffnete es Räume für Konter. So hatte Real die ersten Chancen, Kapitän Sergio Ramos sorgte per Elfmeter für die Vorentscheidung (60.). Zapatas späte Chancen vereitelte Thibaut Courtois (67., 76.), der Anschlusstreffer von Luis Muriel, ein Freistoß rechts oben in den Winkel, war zumindest schön anzusehen (82.). Marco Asensios Linkschuss ins kurze Eck zum Endstand nahm der Partie ihr letztes bisschen Spannung jedoch umgehend (84.).
Vini, vidi, vici: Dass Real bei Umschaltaktionen so gefährlich wurde – und auch, dass Ramos seinen Strafstoß verwandeln durfte – verdankten die Madrilenen ausnahmsweise keinem der zahlreichen Altstars, sondern einem 20 Jahre alten Brasilianer: Vinícius Júnior, Trikotflock: Vini Jr., zeigte sich als Sturmpartner Benzemas spielfreudig und ballgewandt. Erst legte der Youngster den Ball nach einem Traumsolo knapp am Tor vorbei (52.), dann holte er den Elfmeter raus, als Atalantas Rafael Toloi zu spät in den Zweikampf kam (58.).
Zwei Feingeister räumen ab: Der wohl wichtigste Baustein der Madrider Souveränität in allen Spielphasen war jedoch das Mittelfeld. Dort fehlte eine Stammkraft: Casemiro, rustikaler Stabilisator hinter den Feingeistern Modric und Toni Kroos, musste mit einer Gelbsperre aussetzen. So kamen dem Duo Kroos/Modric mehr Defensivaufgaben zu, die diese bravourös meisterten. Dabei räumten die Routiniers, 35 und 31 Jahre alt, gleich mit zwei Vorurteilen auf: Fußballerische Klasse steht nicht im Gegensatz zu defensivem Fleiß, allein Modrić holte sich sechzehnmal den Ballbesitz zurück. Und: Stabilität entsteht nicht allein aus Zweikämpfen. Kroos und Modrić waren stets anspielbar, spielten kaum einen Fehlpass – und beugten so den hohen Ballgewinnen vor, die Gosens vor dem Spiel angekündigt hatte.
Fiasko: Mit diesem wunderbaren italienischen Wort lässt sich die weniger wunderbare Achtelfinal-Bilanz der italienischen Champions-League-Teilnehmer zusammenfassen. Nach Serie-A-Meister Juventus ist nun auch Vorjahres-Viertelfinalist Atalanta frühzeitig ausgeschieden. Die italienische Flagge hält damit einzig Lazio Rom hoch, und die Römer laufen am Mittwochabend (21 Uhr, TV: Sky, Liveticker: SPIEGEL.de) einem 1:4-Rückstand gegen den FC Bayern hinterher.
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