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Der widerwillige Monarch: Carl XVI. Gustaf feiert in Schweden 50. Thronjubiläum - Tagesspiegel

Der schwedische König Carl XVI. Gustaf grüßt 1996 vom Balkon des königlichen Palastes. K
© dpa/Hans Dahlskog

Er steht auf schnelle Autos und geht gern jagen, für Bücher hat er wenig übrig. Schwedens Monarch Carl XVI. Gustaf feiert Thronjubiläum. Kaum ein Fettnäpfchen hat er ausgelassen.

Ein junger Mann ohne besondere akademische Begabung. Einer, der sich bei gesellschaftlichen Anlässen eher unbeholfen benimmt und wenig Interesse an staatstragenden Aufgaben zu haben scheint.

Als Kronprinz Carl Gustaf am 15. September 1973 die Nachfolge seines 90 Jahre alten Großvaters antritt, ist der Erfolg des 27-jährigen Regenten alles andere als sicher.

Doch fünf Jahrzehnte später sitzt Carl XVI. Gustaf immer noch auf dem Thron. Und am Freitag feiert Schwedens König sein goldenes Jubiläum – länger regiert kein anderer Monarch das skandinavische Land.

Er sicherte 1946 die Thronfolge

Dabei war lange nicht sicher, ob das Königreich überhaupt eine Zukunft hat. Als Carl Gustaf Folke Hubertus im April 1946 als fünftes Kind der deutschen Prinzessin Sibylla und des schwedischen Prinzen Gustaf Adolf geboren wurde, war dies der wohl letzte Versuch seiner nicht mehr ganz jungen Eltern, die Thronfolge zu sichern. Denn die vier älteren Schwestern des künftigen Königs hatten als Frauen keinen Anspruch auf die Krone.

Blick auf sein Reich: Der sechs Jahre alte Kronprinz 1953 im Stockholmer Schloss.
Blick auf sein Reich: Der sechs Jahre alte Kronprinz 1953 im Stockholmer Schloss.
© dpa/Lennart Nilsson

Doch der Thron schien für den heutigen Monarchen dennoch in weiter Ferne. Sein Urgroßvater war zum Zeitpunkt seiner Geburt noch Staats- und Familienoberhaupt, der junge Prinz erst der vierte in der schwedischen Thronfolge.

Erst mit dem plötzlichen Tod seines Vaters, der im Januar 1947 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, wuchs die Verantwortung für den königlichen Sprössling.

Es war ungewiss, ob der damalige Kronprinz – der Großvater des heutigen Königs – lange genug leben würde, um seinen erst neun Monate alten Enkel volljährig werden zu lassen.

Ein „Schutzregent“ galt schon damals als nicht mehr zeitgemäß. Doch aus dem alten Kronprinzen wurde ein noch älterer König – die Monarchie überlebte.

Er war ein junger Hüpfer ohne großes akademisches Talent, ohne gute Noten und ohne ein wirklich starkes intellektuelles Hobby.

Dick Harrison, schwedischer Historiker

Ein Faible für schnelle Autos

Der König war bei seinem Amtsantritt nicht besonders beliebt“, sagt der schwedische Historiker Dick Harrison der Nachrichtenagentur TT. „Er war ein junger Hüpfer ohne großes akademisches Talent, ohne gute Noten und ohne ein wirklich starkes intellektuelles Hobby. Er hatte zur falschen Zeit ziemlich viele Widrigkeiten gegen sich.“

Der neue König Carl XVI. Gustaf hält nach der Krönung am 15. September 1973 seine erste Rede als Monarch.
Der neue König Carl XVI. Gustaf hält nach der Krönung am 15. September 1973 seine erste Rede als Monarch.
© Imago/Jan Collsiöö

Denn Carl Gustaf war anders als sein Vorgänger. Der alte König Gustav VI. Adolf galt als hochgebildet und belesen, interessiert an klassischer Musik und Archäologie.

Millionen Euro Privatvermögen soll Carl XVI. Gustaf haben.

Er gab zeitlebens kein einziges Interview. Sein Nachfolger interessiert sich als Legastheniker für Bücher herzlich wenig, eher für schnelle Autos und die Jagd. Und die Natur, er ist Ehrenpräsident der schwedischen Pfadfinder.

Carl Gustaf ist in all den Jahren seinem gewählten Leitspruch „Für Schweden – Mit der Zeit“ treu geblieben. 1976 ehelichtete Carl XVI. Gustaf die Bürgerliche Silvia Sommerlath – es war die Hochzeit des Jahrzehnts. Abba nahm dafür eigens das Lied „Dancing Queen“ auf.

König Carl XVI. Gustaf von Schweden verlässt mit seiner Braut Silvia nach der Trauung am 19. Juni 1976 die Stockholmer Storkyrkan. Beide lernten sich vier Jahre zuvor in München kennen.
König Carl XVI. Gustaf von Schweden verlässt mit seiner Braut Silvia nach der Trauung am 19. Juni 1976 die Stockholmer Storkyrkan. Beide lernten sich vier Jahre zuvor in München kennen.
© dpa/Uncredited

2019 befreite Carl Gustaf viele seiner Enkelkinder von den royalen Zwängen und verschlankte das Königshaus. Seitdem ist nur noch die Familie der Kronprinzessin Teil des schwedischen Königshauses. Die Tradition der Monarchie wahrt er, führt sein „Haus Bernadotte“ zugleich aber modern.

Nazi-Vergangenheit der Familie

Auffallend unmodern bleibt Carl Gustaf aber bei der Aufarbeitung der familiären Nazi-Vergangenheit. Sein Großvater mütterlicherseits war ein glühender Nazi-Sympathisant, Fördermitglied der SS, Parteimitglied der NSDAP und Obergruppenführer der SA.

Auch Carl Gustafs Mutter war kaum eine Frau des Widerstands: Als Nazi-Deutschland das schwedische Nachbarland Norwegen besetzte, besuchte sie verwundete deutsche Soldaten. Beide seiner Eltern hatte enge Kontakte zur obersten Nazi-Riege: Zur Hochzeit gratulierte Adolf Hitler schwedischen Medienberichten zufolge per Telegramm.

Prozent der Schweden wollen die Monarchie behalten.

Die Königin selbst verwundert immer wieder mit Erinnerungslücken zur NS-Vergangenheit ihres eigenen Vaters, der als Fabrikbesitzer von der Judenverfolgung der Nazis profitierte. Bis heute ist die rechte Vergangenheit des Königshauses bei Hofe ein Tabu. Ansonsten gibt sich Carl XVI. Gustaf gern volksnah, wenn auch immer etwas hölzern.

Traditionelle Einheit zum Nationalfeiertag: Schwedens Königsfamilie 2013. Seitdem ist die „Familie Bernadotte“ um sieben Enkelkinder gewachsen.
Traditionelle Einheit zum Nationalfeiertag: Schwedens Königsfamilie 2013. Seitdem ist die „Familie Bernadotte“ um sieben Enkelkinder gewachsen.
© dpa/EPA/Scanpix/Maja Suslin

Der widerwillige Monarch

Bei den Untertanen kommt das an. Das Königshaus ist heute deutlich beliebter als bei seinem Amtsantritt vor 50 Jahren. In einer Umfrage für den Fernsehsender TV4 sprachen sich Anfang des Jahres 70 Prozent der Schweden für die Beibehaltung der Monarchie aus. Nicht einmal ein handfester Rotlicht-Skandal konnte das Vertrauen der Bürger in ihr Staatsoberhaupt ernsthaft erschüttern.

Beliebter als der Monarch ist seine älteste Tochter: Die schwedische Kronprinzessin Victoria feierte vor sechs Jahren 40. Geburtstag.
Beliebter als der Monarch ist seine älteste Tochter: Die schwedische Kronprinzessin Victoria feierte vor sechs Jahren 40. Geburtstag.
© dpa/AP/TT Nes Agency/Christine Olsson

2010 erschien in Schweden die Königsbiografie „Der widerwillige Monarch“, in der naserümpfend über die angeblich grenzenlose Lust des Königs, über Stripclubbesuche und Herrenabende mit Prostituierten berichtet wurde. Handfeste Beweise fehlten, der König dementierte – und die Welle der Empörung ebbte schnell wieder ab.

Das runde Thronjubiläum wird nun in Stockholm mit einem Jubiläumswochenende gefeiert, das für die königliche Familie am Freitag mit einem Gottesdienst in der Schlosskirche beginnt. Am Abend gibt es ein feierliches Jubiläumsbankett, ehe das Königspaar am Samstag per Kutsche durch Stockholm fährt.

Gestört wird er dabei wohl nur von der „Republikanischen Vereinigung“. Die Monarchiegegner haben für das Wochenende zu Protesten aufgerufen.

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