Die nächste Eskalationsstufe ist erreicht: Christian Seifert, der Chef der Deutschen Fußball Liga mischt sich in den Streit um die Führungsriege des Deutschen Fußball-Bundes ein. Vizepräsident Rainer Koch missfällt das gründlich - und antwortet deutlich. Verbandschef Fritz Keller gerät da fast zur Nebensache.
Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen und heftigen Vorwürfen haben DFB-Vizepräsident Rainer Koch und DFL-Chef Christian Seifert die Führungskrise im deutschen Fußball verschärft. Die Spekulationen über einen möglichen Rücktritt des schwer beschädigten DFB-Präsidenten Fritz Keller und weiterer hochrangiger Verbandsfunktionäre gerieten durch die schriftlich geführte Privatfehde ebenso kurzzeitig in den Hintergrund wie der Nazi-Vergleich Kellers, für den er vor das DFB-Sportgericht muss.
Am Dienstagabend antwortete Koch mit einem achtseitigen Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, auf ein Schreiben Seiferts. Er werde sich "weder durch verbale Ausfälle Ihrerseits mir gegenüber in Präsidiumssitzungen" provozieren oder sich einschüchtern und "von meinem Engagement für die Belange des Amateurfußballs abbringen lassen", schrieb Koch an Seifert und formulierte zudem, dass sich in der letzten Sitzung "nicht nur Herr Keller mir gegenüber unsäglich verhalten" habe, sondern auch Seiferts Verhalten "eigentlich erheblichen Anlass zu einer Entschuldigung mir gegenüber" gäbe.
Auf der DFB-Präsidiumssitzung am 23. April hatte Keller seinen Vize Koch mit dem früheren Nazi-Richter Roland Freisler verglichen. Bei der DFB-Konferenz von Potsdam am Wochenende entzogen die Chefs der Landes- und Regionalverbände nicht nur Keller und Generalsekretär Friedrich Curtius das Vertrauen, sondern schwächten auch Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge, die zwar das grundsätzliche Vertrauen, aber auch zahlreiche Gegenstimmen erhielten.
Keller lässt sich Zeit
Vor Kochs Antwortschreiben hatte die Deutsche Fußball Liga in einem Brief, aus dem ZDF und "Kicker" zitieren, um eine Erklärung von Koch gebeten, ob er sich zuletzt bezüglich möglicher Pläne der DFL und Zukunftsplänen von Seifert geäußert habe. Man löse die Probleme des Deutschen Fußball-Bundes "nicht durch den Aufbau imaginärer Feindbilder und abenteuerlicher Verschwörungstheorien, sondern durch seit Langem überfällige strukturelle und personelle Reformen", ließ Seifert den DFB-Vizepräsidenten Koch wissen.
Er stellte klar, dass es in der DFL keine Pläne gebe, den DFB strukturell zu zerschlagen. Er empfehle allen "derzeit in verantwortlicher Position im DFB handelnden Personen, die fortlaufenden und wiederkehrenden Unterstellungen in Richtung der DFL zu unterlassen".
Koch wiederum, der sich mit dem Profilager und Präsident Keller akut im Clinch befindet, wies die Anschuldigungen Seiferts zurück und schrieb: "Ich bitte Sie, diese Behauptung nicht weiter zu erheben und wäre dankbar für eine baldige Richtigstellung." Koch, der auch Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes ist, kämpfe "für die Anliegen des Amateurfußballs", der es sich wünschen würde, vom Profilager so unterstützt zu werden, wie dieser den Profifußball "seit nunmehr über 12 Monaten durchgängig unterstützt".
Wie es personell nun an der DFB-Spitze weitergehen soll, ist noch offen. Nach ZDF-Informationen will sich Keller in den kommenden Tagen zu seiner Zukunft äußern. Der 64 Jahre alte Winzer erbat sich bislang Bedenkzeit über einen möglichen Rücktritt.
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