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Ausrutscher im Schnee für den FC Bayern - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Es waren zwei Spielminuten vergangen, da konnte man in der Fußballarena in München etwas beobachten, das man dort in dieser Saison sehr selten beobachten konnte, vielleicht sogar noch nie: Robert Lewandowski passte den Ball zu Eric-Maxim Choupo-Moting. Eigentlich kommt der zweite Mittelstürmer des FC Bayern nur zum Einsatz, wenn der erste eine Pause braucht. Am Montagabend stellte ihr Trainer Hansi Flick sie ausnahmsweise zusammen auf – und musste mitansehen, wie sein Plan schiefging.

Es waren neun Spielminuten vergangenen, da konnte man in der Arena dann etwas beobachten, was man in dieser Saison immer wieder beobachten konnte: Der FC Bayern geriet 0:1 in Rückstand. In seinem ersten Spiel für Arminia Bielefeld entwischte Michel Vlap den Verteidigern im Strafraum und schoss den Ball fest an Manuel Neuer vorbei. Sie mussten sogar vor der Pause noch das zweite Gegentor durch Amos Pieper einstecken (37.) und danach sogar das dritte durch Christian Gebauer (49.).

Am Montagabend holten die Bayern den Rückstand wie in vielen Bundesligaspielen zwar auf. Doch für den Sieg reichte es nach Toren von Robert Lewandowski (48.), Corentin Tolisso (57.) und Alphonso Davies (69.) nicht mehr. Am Ende konnten sich die Bielefelder aufgrund eines mutigen Auftritts in München mit einem 3:3 schmücken – und mit einem neuen Spitznamen: Weltpokalsieger-Fastbesieger.

Bielefeld holt die Bayern zurück

Es ist sogar für FC-Bayern-Verhältnisse erstaunlich viel über den FC Bayern diskutiert worden, seit der wichtigste deutsche Fußballverein vor mehr als einer Woche zur Klub-Weltmeisterschaft nach Qatar abgehoben – und danach, so sehen das viele, nicht wieder auf dem Boden angekommen ist. Die Diskussionen fingen damit an, dass Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Aufsichtsrat Uli Hoeneß die verweigerte Starterlaubnis am Berliner Flughafen in Wort und Ton so kommentierten als handele es sich um eine Staatsaffäre.

Inmitten einer Pandemie, in der viele Menschen um Wesentliches im Leben fürchten. Die Diskussionen hörten dann vorerst damit auf, dass der eigentlich vor- und umsichtige Hansi Flick den SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, über den laut eigener Aussage im Internet „eine Hasswelle (…) mit Morddrohungen“ rollt, als „sogenannten Experten“ schlechtredete. Am Montagabend gab es dann einen Anlass, der sich dafür eignete, die Bayern wieder auf den Rasen zurückzuholen: ein Bundesligaspiel gegen Bielefeld.

Schneemann in München: Manuel Neuer versucht, die Orientierung auf dem Rasen nicht zu verlieren.

Schneemann in München: Manuel Neuer versucht, die Orientierung auf dem Rasen nicht zu verlieren. : Bild: AFP

Es lässt sich nicht nur mit der anstrengenden Klub-WM-Woche erklären, warum Flick neben Choupo-Moting auch Bouna Sarr, ebenfalls nur selten in der Startelf, von Anfang an aufstellte. Vor der Qatar-Reise fielen Leon Goretzka und Javi Martínez (beide Covid-19) aus. In Qatar kamen Thomas Müller (Covid-19), Jérôme Boateng (privater Trauerfall) und Serge Gnabry (Muskelfaserriss) dazu. Im Anschluss an die Qatar-Reise erwischte es im Training auch noch Douglas Costa (Haarriss im rechten Mittelfußknochen). Flick fehlten die Alternativen.

In den ersten Minuten des Spiels konnte man schon sehen, dass seine Formation mit den beiden Mittelstürmern eine Schwachstelle hatte: Der Abstand zwischen der Sturmreihe mit Lewandowski und Choupo-Moting und der Mittelfeldreihe mit David Alaba und Corentin Tolisso war meistens zu groß. Die Bayern taten sich daher mit dem Angreifen schwer. Und dann kam in der ersten Halbzeit noch der Schnee dazu.

Der Rasen wird wieder grün

Auf einmal hatte sich eine dicke weiße Schicht über den grünen Rasen gelegt. Als zwölf Minuten vorbei waren, unterbrach der Schiedsrichter das Spiel. Er forderte die Ordner auf, die Linien freizuräumen und die orangenen Bälle einzusetzen. Da führte die Arminia schon durch das Tor von Vlap. Sie nutzte den Schnee, um die Führung zu verteidigen – und sogar auszubauen. Eine Eckballflanke von Vlap köpfte Innenverteidiger Amos Pieper ins Tor.

In der zweiten Halbzeit war der Schneefall vorbei und der Rasen wieder grün. Mit Hilfe eines Fahrzeugs war das Feld in der Pause geräumt worden. Der Ball rollte nun richtig – und die Bayern-Angriffe auch. Es dauerte nur zwei Minuten, bis einer von ihnen mit einem Treffer endete. Mit einem hohen Pass erreichte Alaba im Strafraum Lewandowski, der den Ball mit der Brust abbremste, sich drehte und ihn, bevor er den Boden berührte, ins Netz knallte. Ein herrliches Tor – und zugleich sein 25. in dieser Bundesligasaison.

Das schüchterte die Bielefelder aber nicht ein. Ein paar Sekunden später rannte Andreas Voglsammer in seinem ersten Spiel nach langer Verletzungspause die linke Seite entlang, vorbei am überforderten Sarr und passte den Ball flach in die Mitte. Dort musste Gebauer ihn nur noch über die Linie drücken. In München, das musste die Arminia danach erfahren, reicht in dieser Saison aber auch ein Zwei-Tore-Vorsprung nicht. Innerhalb von nur zwölf Minuten holten die Bayern den Rückstand auf. Das lag vor allem an Leroy Sané.

Der Nationalspieler war auf der Außenbahn aufgetaut – und schlug zwei gute Flanken: Die erste köpfte Tolisso (57.), die zweite schoss Davies ins Tor (69.). Der Ball landete dann auch ein siebtes Mal an diesem Abend im Tor: Doch der mögliche Siegtreffer des Bielefelders Cordova wurde zurückgenommen – wegen einer ganz knappen Abseitsstellung, die der Video-Assistent im Vorfeld nach Ansicht der Bilder erkannte. Danach stürmten aber fast nur noch die Bayern. Es war daher ein amüsanter, aber auch wahrer Satz, mit dem Fabian Klos, der Kapitän der Arminia, das Spiel zusammenfasste: „Als der Schnee nicht mehr da war, wurde es schwierig für uns.“

Als das Spiel schon ein paar Minuten vorbei war, saß Hansi Flick im Presseraum der Arena und sprach nochmal über Karl Lauterbach. Er stehe „im Großen und Ganzen“ zu seiner emotionalen Rede über die Corona-Lage, auch wenn er „das eine oder andere ein bisschen anders formulieren“ würde. „Ich habe nicht erwartet, dass es solche Wellen schlägt“, sagte Flick, den laut eigener Aussage auch böse Nachrichten erreichten. Mit Lauterbach würde er übrigens gerne persönlich sprechen – nur nicht in einer Talkshow.

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